Der Verein Kulturhaus Bielefeld e. V. hat am Freitagnachmittag im Interview von Radio Bielefeld mit dem Krisenstabsleiter und Sozialdezernenten Ingo Nürnberger kurzfristig von der notwendigen Räumung des Gebäudes an der Werner-Bock-Straße erfahren. Die absolute Dringlichkeit der Situation ist gegeben: Die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine, die in Bielefeld ankommen, steigt jeden Tag. Die Menschen, die vor einem Krieg fliehen, benötigen unmittelbare humanitäre Hilfe und ein Dach über dem Kopf. Alle Mitglieder des Vereins Kulturhaus Bielefeld e. V. erklären sich solidarisch mit den Geflüchteten und unterstützen die Unterbringung in den zuletzt als Ateliers genutzten Räumen. Dass diese Möglichkeit so überhaupt besteht, ist jedoch den tausenden intensiven Stunden ehrenamtlicher engagierter Arbeit zu verdanken, in denen das Haus belebt, in Stand gehalten und eine belastbare Infrastruktur aufgebaut wurde.
Das große ehrenamtliche Team von 120 Künstler\*innen und Kulturschaffenden, das auch durch die Coronapandemie und die damit verbundenen herausfordernden Bedingungen bereits krisenerprobt ist, versteht es auch jetzt, kurzfristig zu handeln und die eigenen Sachen zu packen. Auch wenn dies bedeutet, den Ort für das Projekt “Kulturhaus” vor Ende des Mietvertrags fürs Erste zu verlassen. Die aktuelle Lage erfordert schnelles Handeln und der Verein ist dazu miteinander in der Lage. Das heißt aber, 40 Ateliers und Gemeinschaftsräume binnen kürzester Zeit auszuräumen und Materialien, Instrumente, Equipment, Mobiliar etc. sowohl sicher als auch zugänglich und weiterhin nutzbar unterzubringen.
Für das laufende Jahr waren schon viele Projekte wie eine Sommerbühne, die Nachtansichten, Flohmärkte oder unsere »Küche für Alle« vom ganzen Haus, sowie zahlreiche weitere Vorhaben Einzelner wie Tanzkurse, Nähworkshops oder Hoopdance Kurse geplant oder laufen bereits. Auch diese haben nun vorläufig keinen Ort mehr und es ist notwendig, über alternative Durchführungen nachzudenken. Wir schätzen daher die schriftliche Zusicherung Ingo Nürnbergers gegenüber dem Verein, dass er sich dafür einsetzt, dass das Kulturhaus in die Räumlichkeiten wird zurückkehren können, sobald die Situation es erlaubt und das Gebäude als Erstunterbringung, die ja auf einen begrenzten Zeitraum ausgelegt ist, nicht mehr benötigt wird.
Durch verschiedenste Projekte, Veranstaltungen und als Adresse für stadtteilübergreifende Vernetzung sowie den niedrigschwelligen Zugang zu bildender Kunst, Fotografie, Musik, Performance, Theater und vielen anderen Kunstrichtungen, hat sich das Kulturhaus als feste Größe etabliert – und das innerhalb von nur drei Jahren. Das bedeutet auch: Das Kulturhaus bündelt die Expertise seiner Mitglieder, um durch Kunst und Kultur die Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen und menschlichen Miteinander zu schaffen. So hat der Verein auch diesbezüglich kurzfristig reagiert und in Hinblick auf die ankommenden Ukrainer*innen in Bielefeld bereits selbst eine umfangreiche Liste an Angeboten zur Unterstützung und Beschäftigung dieser Menschen zusammengestellt.
Der Verein fordert daher für die kommende Zeit einen konstanten, engmaschigen und zuverlässigen Austausch mit der Stadt, damit die engagierte Arbeit und der Wert für die Stadtgemeinschaft in dieser Zeit nicht verloren gehen. Wir wünschen uns, dass sich alsbald eine zeitliche Perspektive ins Auge fassen lässt, wann der »Ostblock« dem Verein wieder zur Verfügung steht, dass sich für die Zwischenzeit um übergangsweise alternative Räumlichkeiten bemüht wird und es wird die tatkräftige Unterstützung des Vereins durch die Stadt und Stadtgesellschaft benötigt.
Bielefeld, 14.03.2022