Artists Unlimited! Unlimited!

Artists Unlimited

Ein Plädoyer für ein vielfältiges Netzwerk von Kunst- und Kulturakteur:innen in unserer Stadt

„Das Kulturhaus war und ist eine absolut notwendige Erweiterung künstlerischer […] Handlungsräume in einer Stadt wie Bielefeld”. Dieses Statement schrieben uns die Artists Unlimited freundlicherweise letztes Jahr in eine Ausstellungsbroschüre. Dass wir diesen Satz ebenso an die Artists zurückgeben möchten, versteht sich von selbst. Dass wir es überhaupt erst müssen, um die Öffentlichkeit und Teile der Stadtverwaltung anscheinend daran zu erinnern, ist gelinde gesagt kurios.

“Kunst und Kultur brauchen Räume!” titelte unser Banner auf der letzten Benefizparty für das Kulturhaus, die wir an einem anderen wichtigen Kulturort feiern durften – im Nr.z.P., einer Einrichtung der Initiative Bielefelder Subkultur e.V.. Eigene Räume hatten wir zu diesen Zeitpunkt nicht, da wir Platz geschaffen hatten, für Geflüchtete aus der Ukraine, die auf Grund des russischen Angriffskriegs nach Bielefeld gekommen waren. 

Vor ein paar Wochen konnten wir, der ehrenamtliche Verein Kulturhaus Bielefeld, wieder in unsere Räume an der Werner-Bock-Straße zurückziehen. In der Zwischen- und Wartezeit gab es viele Verhandlungen und auch Unterstützung. Dennoch haben einige aufgehört Kunst zu machen, andere haben Bielefeld verlassen, wieder andere sind in Zwischenlösungen untergekommen, haben in nassen Kellern notdürftige Atelierräume eingerichtet, ihre Sachen in Garagen und Lagern untergestellt. Diese Zwischenzeit war extrem zermürbend. Wir haben sie durchgestanden – mit der Aussicht zurück in unsere Räumlichkeiten zu ziehen – und auch, weil alle demokratischen Parteien uns ihre Unterstützung für den Rückzug zugesichert haben. 

Warum dies nochmals zu einem Statement zu der derzeitigen Situation bei Artists Unlimited zu lesen ist? Weil es besorgniserregend ist zu sehen, dass Kunst, Kultur und ehrenamtliche Arbeit noch immer keine, oder wenn dann nur eine geringe Anerkennung bekommen. Weil unterstützende Zusagen aus der Politik und Teilen der Stadtverwaltung wirken wie ein halbherziges Schulterklopfen, weil es Sorgen hinterlässt, sich nicht auf versprochene Unterstützung verlassen zu können. Kunst und Kultur brauchen jedoch sichere Zusagen, um perspektivisch planen zu können, Energien zu bündeln und produktiv sowie kreativ zu sein. Es braucht bezahlbare Arbeitsräume für Kunst und Kultur genau wie bezahlbaren Wohnraum für Künstler:innen! Denn wenn es diese nicht gibt, gibt es auch keine Kunst und Kultur!

Kunst braucht bezahlbaren Lebens- und Arbeitsraum

Glücklicherweise haben viele Menschen in den letzten Wochen ihre Solidarität mit den Artists Unlimited bekundet – auch von außerhalb. Es scheint, als würden viele Leute vor Ort noch nicht erkannt haben, welchen Schatz sie hier vor sich haben, wie bereichernd die ehrenamtliche Arbeit der Artists Unlimited für die Stadt ist, welchen guten Ruf diese Arbeit der Stadt einbringt. Das Residenz-Programm ermöglicht einen internationalen Austausch zwischen Künstler:innen, der günstige Wohnraum neben den Atelierräumen ist einzigartig und ein Alleinstellungsmerkmal, die vielfältigen und qualitativ hochwertigen Veranstaltungen sowie Ausstellungen bereichern das kulturelle Angebot der Stadt Bielefeld ungemein. Eine solche Institution in Frage zu stellen, nicht zu sehen welcher Mehrwert hier durch viel unentgeltliches Engagement geleistet wird, ist geradezu fatal. Wären die Artist Unlimited ein Wirtschaftsunternehmen, würden Gelder aus den letzten Winkeln hervorgebracht, um dieses für Bielefeld zu erhalten. Bei einer Kunstinstitution ist das nicht der Fall – es wird ihr sogar mit dem Aus gedroht.

Wer sich derzeit darüber wundert, wie scheinbar günstig der Quadratmeterpreis in den Räumlichkeiten der Artists ist, sollte sich bitte ebenfalls darüber wundern, wie überaus prekär die meisten Kulturschaffenden bezahlt werden und unter welchen Bedingungen und mit welchen Unsicherheiten sie leben müssen. Es ist absolut notwendig und darf nicht in Frage gestellt werden, dass es bezahlbaren Arbeits- und Lebensraum für Kunstschaffende gibt. Es braucht Raum, damit Kunst und Kultur entstehen können! Statt Kultureinrichtungen Steine in den Weg zu legen sollte die gleiche Energie lieber dazu genutzt werden darüber nachzudenken, wie noch viel mehr Raum für Kunst und Kultur, für kreatives Schaffen, für Austausch und die Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft geschaffen werden könnnen! Ein Atelierplatz ist noch schwerer zu ergattern als ein KiTa-Platz, er muss oft Jahre im Voraus geplant oder privat teuer bezahlt werden. Die Wartelisten, auch im Kulturhaus e.V., sind lang!

Auch weil wir wissen wie prekär ein Leben als Künstler:in ist und wie anstrengend es ist, diesen Lebensentwurf und seine Bedeutung für die Gesellschaft vor Politiker:innen und anderen immer wieder verteidigen zu müssen, solidarisieren wir uns mit anderen Künstler:innen. Wir distanzieren uns von dem Versuch der Presse uns mit künstlichen Neiddebatten als Künstler:innengemeinschaft zu spalten und gegeneinander auszuspielen. Uns geht es nicht schlechter, wenn es den Artists Unlimited gut geht – im Gegenteil bereichert auch uns und unsere Arbeit das Programm aus der August-Bebel-Straße. 

Es braucht die Unterstützung von allen Seiten – der Gesellschaft, der Politik, der Presse, der Verwaltung und auch der Kultureinrichtungen untereinander – um ein vielfältiges Netzwerk von Kunst- und Kulturakteur:innen in unserer Stadt zu erhalten und immer wieder neu zu erschaffen. Dazu sind tatsächliche Unterstützung, sichere Mietverträge und langfristige Zusagen notwendig!

http://www.artists-unlimited.de/